Partizipation
Im Rahmen der Komplettsanierung der KGS Leeste wurde von den Beteiligten aus Schule, Verwaltung und Architektur im konkreten Bauprozess ein Konzept von Partizipation entwickelt und weitgehend umgesetzt.
Partizipation ist demnach die verantwortliche, wissensbasierte, entscheidungsberechtigte und gleichberechtigte Teilnahme an Planung, Durchführung und Kontrolle von Projekten von Beteiligten aller Professionen (AuftraggeberInnen, ArchitektInnen und NutzerInnen) an einem (Schul-)Bauprojekt.
Partizipation findet immer in einem aus äußeren Bedingungen gesetzten Rahmen statt. Dazu gehören finanzielle Vorgaben, vorhandene Gebäudestrukturen, rechtliche Setzungen u.dgl.
Die folgenden 10 Punkte fassen zentrale Elemente von Partizipation zusammen und grenzen Partizipation damit auch ab von anderen Formen der NutzerInnenbeteiligung.
Eine genauere Bestimmung von Partizipation scheint dringlich, weil unter diesem Begriff so unterschiedliche Methoden der NutzerInnenbeteiligung gefasst werden, dass nicht mehr klar sein kann, wann in einem Bauprozess von einer „tatsächlichen“ Partizipation gesprochen werden kann. Jemanden mehr oder weniger unvermittelt nach den eigenen Vorlieben und Bedürfnissen zu fragen, ist eine Abfrage, aber keine Partizipation in dem oben beschriebenen Sinn.
Thesenpapier: Partizipation - im Schulbau
- Partizipation im Schulbau ist ein kooperativer Prozess von Schule, ArchitektInnen und Auftraggebern, in dem das pädagogische Konzept die Leitlinie bildet.
- In diesem alle Bauphasen begleitenden Prozess gibt es keine Laien, es gibt nur Fachleute unterschiedlicher Profession.
- In konstanter Besetzung plant und entscheidet eine entscheidungsfähige und entscheidungsberechtigte Gruppe aus ArchitektInnen, Schule und Auftraggeber im Rahmen der für den Schulbau gesetzten Rahmenbedingungen.
- Die gemeinsame Diskussion hat zum Ziel, aus der Sicht jeder Profession Konzepte neu denken zu lernen und aufeinander zu beziehen.
- Der Partizipationsprozess wird so gestaltet, dass alle Beteiligten ihre Kompetenzen in Bezug auf das Gebäude und dessen Eingebundenheit in den konkreten gesellschaftlichen Zusammenhang erweitern können.
- Der so verstandene Partizipationsprozess fordert von den Beteiligten Verantwortlichkeit, Engagement, Zeit, Offenheit, die Bereitschaft zu kooperativen Diskussions- und Entscheidungsformen und die Befähigung zur Partizipation.
- Die Zusammenarbeit von Schule, ArchitektInnen und Auftraggebern zielt auf die Entwicklung eines gemeinsamen Projektes. Für Konfliktfälle sollten vorab Lösungswege beschrieben werden.
- Eine konsequent durchgängige Partizipation bezieht darüber hinaus zu definierten Zeitpunkten die fachliche Kompetenz spezieller Nutzergruppen in den Planungsprozess ein.
- An der umfänglichen Partizipation Beteiligte sind angehalten, ihre Informationen und Entscheidungen allen potentiellen NutzerInnen zu erklären und möglichst Zustimmung dazu zu erlangen.
- Da nicht alle prinzipiellen NutzerInnen eines Schulbaus in jeder Phase vollumfänglich einbezogen werden können oder auch nicht wollen, sollten für diese Gruppen informellere Formen des Austausches zwischen PlanerInnen und NutzerInnen genutzt werden. Begrifflich könnte man zwischen Partizipation und Teilhabe unterscheiden.
Diese informelleren Formen könnte man als Teilhabemöglichkeit bezeichnen, die darauf abzielen, einen Schulbau-Prozess zu vermitteln, Akzeptanz zu erzeugen. So wäre eine begriffliche Abgrenzung von Partizipation im oben beschriebenen Sinn klarer.
Teilhabeprozesse in diesem Sinn können
- Sichtweisen von prinzipiell Beteiligten unterschiedlicher Eingebundenheit in ein Projekt erfragen,
- Gesprächsanlässe und Interesse für das Bauprojekt durch geeignete Methoden (Gamifizierung) erlangen,
- erreichen, sich handlungsentlastet und spielerisch mit einer Architekturaufgabe auf der Grundlage bisherigen Wissens und eigener Erfahrung auseinanderzusetzen.
Diese Formen der Teilhabe basieren auf einem Ungleichgewicht zwischen Planenden und NutzerInnen und erhalten dieses bewusst aufrecht. Planende können Teilhabeergebnisse in ihre Arbeit einbeziehen, diese Ergebnisse sind aber nicht konstitutiv für den Bauprozess. Dies unterscheidet Teilhabe von Partizipation.
(R. Patzelt - letzte Änderungen: 19.04.2023)