Gestaltungmerkmale
Begegnungsorte der Zukunft
Schulen erfüllen heute ganztags ihre Funktion für SchülerInnen und für die Öffentlichlichkeit. Sie entwickeln sich mehr und mehr zum kommunikativen Zentrum und interdisziplinären Treffpunkt von Dörfern, Städten und Gemeinden, sie sind schon jetzt Wissens- und Begegnungsorte der Zukunft für alle Bevölkerungsgruppen.
Das Große Forum der KGS Leeste im Erdgeschoss wird deshalb interdisziplinär als Aula und öffentliches Veranstaltungszentrum der Gemeinde Weyhe genutzt. Innenarchitektur und Veranstaltungstechnik werden hier beiden Anforderungen gerecht. Die räumliche Anordnung ist so angelegt, dass schulische und öffentliche Nutzungen ohne gegenseitige Einschränkungen möglich sind.
Selbiges gilt für das Kleine Forum und die angrenzenden Räumlichkeiten, die die Möglichkeit für Veranstaltungen bis zu 60 Personen bieten.
Auch die Lehrküche im Nachbartrakt wird von Schule und VHS gleichermaßen genutzt. Sie ist barrierefrei geplant und ausgeführt.
Gliederung des Schulgebäudes
Das Gesamtkonzept sieht transistorische Bereiche verschiedener Intensitäten vor.
Das Erdgeschoss wird zum einen durch den Bereich des neuen Haupteinganges geprägt, der entweder zu dergroßen Pausenhalle oder dem großem Forum leitet. Zum anderen durch eine weitere Halle, die mit dem zentralem Treppenhaus eine wichtige Verteilerfunktion innehat. Die Pausenhalle ist ein öffentlicher, transistorischer Streifraum, Treffpunkt und Übergang vom Außenraum hin zum konzentrierten Lernraum im Obergeschoss des Gebäudes. Die Verteilerorganisation für mehr als 1.200 Schülerlnnen erfolgt zum großen Teil über die große Pausenhalle, ebenso dient sie beiden Foren, Kiosk, Verwaltung und Ganztagsbetrieb an.
Diese Pausenhalle im Erdgeschoss bietet darüber hinaus Begegnungsorte für über 250 SchülerInnen. Sie dienen in den Freistunden als Aufenthalts- und Kommunikationsorte.
Getrennt davon geht der naturwissenschaftliche Bereich mit Fachräumen und Sammlungen als eigenständiger Wissensort auf die spezifischen Anforderungen des Fachbereiches ein.
Vom öffentlich geprägten Erdgeschoss wird das den SchülerInnen und Lehrerlnnen vorbehaltene Obergeschoss erreicht. Hier dienen halböffentliche Aufenthalts- und Lernflure als transistorische Bereiche der Clusterorganisation. Sie werden durch vielfältige, jedoch in allen Bauabschnitten wiederkehrende und somit gestaltgebende Einbaumöbel strukturiert.
Im Obergeschoss sind für alle Jahrgänge vielfältige räumliche Angebote für zukunftsweisende Orte des Lernen und Arbeitens implementiert. Sie sind intuitiv verständlich und unterstützen unterschiedliche Arten der Begegnung und des Lernens - allein, zu zweit oder in Gruppen. Zentraler Gedanke der Gliederung des Obergeschoss ist die Aufteilung in Jahrgangscluster. In diesen wird durch einerseits die den Klassenräumen zugeordneten Lernfluren und die durch Glastrennwände hergestellte Transparenz die Zusammenarbeit unterstützt und herausgefordert. Jeder Jahrgangscluster ist durch einen eigenen Zugang erreichbar.
Medientechnik für das Medienkonzept
Teil des pädagogischen Konzeptes ist ein zukunftsweisendes Medienkonzept als Grundverständnis von Lehren und Lernen. Ziel war eine gleiche Ausstattung aller insgesamt über 80 Unterrichtsräume mit robuster, einfach zu bedienender und finanziell vertretbarer Medientechnik.
Mittels AppleTV, Beamer und einfachen Bedienpanels in einem Kabelkanal kann mit allen Endgeräten (Smartphone, Tablet, Laptop) intuitiv unterrichtet werden. Laptopklassen und Tabletklassen sind ab Jahrgang 07 eingeführt. Eine zentrale Informationsplattform (IServ) dient der Kommunikation und seit der Corona-Krise auch dem Distanzlernen.
Die innenarchitektonische Integration der digitalen Elemente wurde von Beginn an mit geplant und ist integraler Bestandteil der Entwurfsplanung. So wird das medientechnische Konzept beispielsweise durch eigens entworfene Whiteboards unterstützt, das Lehrerpult entfällt und Wand- und Deckenspiegel berücksichtigen die spezifischen Anforderungen hinsichtlich Flächenbedarfen etc. Mithilfe eines Musterraumes konnte das Zusammenspiel aller Elemente über 6 Monate hinweg vorab im Schulalltag erprobt und modifiziert werden.
Arbeitsplätze
Das Konzept des „Activity Based Working", welches die Bindung zum persönlich zugeordneten Arbeitsplatz löst und vielfältige räumliche Szenarien für unterschiedliche Arten des Arbeitens an diese Stelle setzt, wurde unter Berücksichtigung der gewünschten Bildung von Jahrgangsclustern auf den Bildungsbau übertragen und bildet die Grundlage des innenarchitektonischen Entwurfes.
So werden über das gesamte Gebäude hinweg vielfältige Lern- und Arbeitssituationen für SchülerInnen und LehrerInnen implementiert, die gemeinsam mit der Integration neuer digitaler Elemente ein ganzheitliches Angebot bilden.
Inklusion und Lebensqualiät
Im nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist die bauliche Umsetzung der Anforderungen an Inklusion in Schule vorgeschrieben. Die Neuordnung und Sanierung der KGS Leeste erfolgt nach diesen Vorgaben, Inklusion ist ein Grundanker des pädagogischen Konzeptes. Die Schule wurde vollinklusiv geplant, barrierefreie Zugänge, Aufzüge, Behinderten-WCs und entsprechende Sanitärräume.
Angelehnt an die CI-Vorgaben der Schule (Typographie) war eine komplette Neugestaltung der Signaletik notwendig.
Das Konzept beinhaltet die Organisation der Raumnummernvergabe, Aspekte der Inklusion, die Entwicklung spezifischer Orientierungsebenen und die Verzahnung mit dem Farbkonzept. Sie ist wichtiger organisatorischer Aspekt der transitorischen Bereiche. An besonderen Stellen bilden als Teil der Partizipation die jahrgangsbezogenen Silhouetten der Schülerlnnen einen wichtigen identifikatorischen Aspekt.
Akustik, Lüftung und Licht sich Kernpunkt der Sanierung, die eine aktive Gesundheitsvorsorge für SchülerInnen und vor allem für die Lehrkräfte ausmachen.
Materialität
Gefordert war ein innenarchitektonisches Gesamtkonzept mit wiedererkennbarer, durchgängiger und intuitiv verständlicher Formen- und Materialsprache. Ziel war es, sowohl dem pädagogischen Konzept als auch dem Gebäude einen unverwechselbaren Charakter zu geben. Die Wiedererkennbarkeit als „, bauliches Corporate Design" dient somit der Identifikation von der Schule zugehörigen Personen (SchülerInnen, Lehrerlnnen, städtische Beschäftigte) mit dem Gebäude und somit dem Begegnungsort Schule. Weiterhin ist die wiederkehrende Gestaltung mit spezifischen Funktionen belegt: Die Grundrissanordnung leitet an der immer gleichen Stelle intuitiv zum Rettungsweg. In den wiederkehrenden, spezifisch ausgestalteten Möbeln werden verschiedene Lernformen ermöglicht.
Wesentliche Elemente des Corporate Design wurden in einem vom Deutschen Kinderhilfswerk geförderten Partizipationsprozess mit SchülerInnen und Lehrerinnen der Schule erarbeitet. Eine bessere Kenntnis über die Nutzeranforderungen, kommunikative Transparenz, Identifikation, Reduktion von Vandalismus und Toleranz während der Bauphase führen zu einem besseren Ergebnis.
Die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten kann als Grundhaltung der Entwurfsarbeit von RPI gelten. So wurde bei der Sanierung der KGS Leeste der maximale Erhalt des Bestandes und dessen Sichtbarmachung angestrebt. Die Stahlbetonbauteile aus dem Baujahr wurden nicht bearbeitet und im Rohbaucharakter belassen. Die Werkstattanmutung des Unfertigen regt zur Betrachtung der statischen Systeme und zur Aneignung der Räume durch den Nutzer an.
Als kontrastierende Ergänzung des Bestandes wurden ausschließlich authentische Materialien wie Holz, Glas, Beton, Stahl / Aluminium verwendet. Auf künstliche Bodenbeläge wurde zugunsten von Industrieparkett verzichtet.
Unterrichtsräume sind durch Holz-Glas-Trennelemente mit entsprechenden akustischen Anforderungen gekennzeichnet. Holztüren, Möbel aus Birke-Multiplex und Decken aus ungefärbten Holzwolle-Leichtbauplatten unterstreichen die nachhaltige Gestaltung.
Ebenso wurden für die Fassade Aluminium- und für die Rauchschutztüren Stahl-Glas-Konstruktionen gewählt unddie Sheddach-Aufbauten sind als reine Holzkonstruktion umgesetzt.
Neben den Nachhaltigkeitsaspekten wird so ein optimales Raumklima erreicht und Emissionsrisiken entgegengewirkt.
Die Grundidee der „Lichtlinien" wurde im Rahmen des ganzheitlichen innenarchitektonischen Gestaltungsansatzes von RPI entwickelt. Für die Grund- und Allgemeinbeleuchtung sorgen an den Stegen der TT-Deckenelemente angeordneten LED-Linienleuchten mit direktem und indirektem Lichtanteil. Die Beleuchtung unterstreicht die Struktur des Gebäudes.
Es ist gelungen, die erarbeitete Gestaltsprache konsequent auf allen baulichen Ebenen wie Formgebung, Material- und Farbkonzept sowie der Signaletik umzusetzen.
Die Flexibilität und Vielfalt in den Nutzungsmöglichkeiten stellt sicher, dass auch sich zukünftig wandelnde Nutzungskonzepte in den Räumen realisiert werden können.